Konsumschecks oder Steuer- und Abgabensenkung?

In der Diskussion wird hinsichtlich der Möglichkeit, durch Steuersenkungen im weitesten Sinne (Konsumscheck, Steuersenkung, Abgabensenkung) häufig das Argument vertreten, Schecks wären am besten geeignet, weil sie möglichst schnell den gewünschten Betrag zum Konsumenten bringen.

Felix Salmon stellt dem die Aussagen der Verhaltensökonomen gegenüber: Demnach würden Menschen sehr deutlich zwischen ihrem Vermögen und ihrem laufenden Einkommen unterscheiden, und ihren normalen Konsum zum größten Teil aus dem laufenden Einkommen finanzieren. Dementsprechend könnte ein Steuerscheck von den Bürgern als Erhöhung ihres Vermögens angesehen werden, mit der Folge, dass das Geld gespart wird, und damit keine Nachfrage entsteht. Vielmehr sei es sinnvoller, mehrmals kleine Beträge an den Bürger zu zahlen, was also dem Effekt einer Abgabensenkung entspräche.

Mein Fazit: Da sich hier Makroökonomen und Verhaltensökonomen – jeweils mit guten Argumenten – widersprechen, scheint es hier einen Trade-off zu geben zwischen dem Ziel, möglichst schnell möglichst viel Nachfrage zu schaffen, und dem Anreizeffekt, der daraus entsteht, also dass ein steigender Anteil gespart und nicht in Nachfrage umgesetzt wird.

Ist Erkenntnisgewinn möglich?

In den USA läuft zur Zeit eine Diskussion darüber, die giftigen Wertpapiere der Banken in einer bad bank zu bündeln, wobei vorgeschlagen wird, dass der Staat diese Bank mit dem nötigen Geld ausstattet, um diese Wertpapiere zu einem fairen Marktpreis aufzukaufen. Im Grunde wird hier noch einmal das ursprüngliche Konzept von MOAB wieder aufgewärmt. Paul Krugman schreibt hier, warum dieser Vorschlag immer noch sinnlos ist, solange der Staat nicht bereit ist, die Banken, die davon profitieren sollen, zu nationalisieren.

Das Problem mit ZIRP? Die Zinsen sind zu hoch!

Das ist jedenfalls das Ergebnis einer Studie von Jan Hatzius bei Goldman Sachs, die Paul Krugman zitiert. Zur Erinnerung: ZIRP steht für Zero Interest Rates Policy, d. h. einer Geldpolitik, die den Leitzins auf 0 Prozent festlegt.

Für die Fed gibt es nun eine ökonometrische Beobachtung, die Taylor-Regel, die mit gutem Erfolg die wahrscheinliche Fed-Politik in Abhängigkeit von Inflation und BIP-Wachstum prognostiziert; der Taylor-Regel entsprechend wird die Fed die Zinsen erhöhen, wenn entweder das BIP über dem Produktionspotenzial liegt, oder wenn die Inflation über 2% liegt, und im umgekehrten Fall wird sie die Zinsen senken. Angewendet auf die aktuellen Daten für die USA ergibt sich folgendes Bild:

Fed-Leitzins vs. Taylor-Regel

Fed-Leitzins vs. Taylor-Regel

In Worten: Aufgrund der erwarteten Entwicklung für Inflation und BIP-Wachstum müsste die Fed ihren Leitzins bis Ende 2011 auf -6% senken. Da die Fed aber keinen negativen Zins setzen kann (in diesem Fall würden keiner Geld anlegen, sondern Bargeld halten), wirkt die Geldpolitik – auch wenn sie bei 0% angekommen ist – rezessionsverstärkend.

Zum Herdentrieb von Finanzmarktanalysten

Kadous, Mercer und Thayer haben einen Artikel geschrieben über den Einfluss der Richtigkeit und des Abstands von der Konsensmeinung von Finanzmarktanalysen auf die Reputation des entsprechenden Analysten, und die Fähigkeit, zukünftig Analysen verkaufen zu können. Die Ergebnisse liefern eine gute Begründung für den beobachteten Herdentrieb, da mit zunehmendem Abstand von der Konsensmeinung der Einfluss auf die Reputation zunahm, aber dieser Einfluss nicht symmetrisch ist, d. h. eine mutige Prognose, die sich als falsch herausstellt, schadet der Reputation stärker als eine mutige Prognose, die sich als richtig herausstellt, ihr nützt.

Truth and Beauty – Neue Ausgabe

Truth and Beauty ist der Newsletter des moskauer Analysten Eric Kraus, und ich kann nur empfehlen, diesen Newsletter zu abonieren (kostenfrei), denn man erhält eine wunderbar zynische Beschreibung dessen, was gerade in der Finanzwelt schief läuft (dafür muss man ein bisschen pro-russische Politagitation in Kauf nehmen). Alte Ausgaben des Newsletter gibt es hier, und über krausmoscow AT yahoo.com kann man sich auf den Verteiler setzen lassen.

Nur ein Beispiel – eher für den Stil als für die Aussagen:

Dec 19 – Perhaps unwittingly, Bloomberg provided a valuable assessment of the fundamental utility of oil analysts:
…the (Bloomberg) oil survey has correctly predicted the direction of futures 49 percent of the time since its start in April 2004.

Needless to say, a coin flipped one hundred times would have been expected to do very slightly better

Und noch eines, weil es so schön ist:

One of the essential points about the current crisis – still missed by most commentators – was its simple inevitability. The US could not sustainably remain the sole source of global demand growth, producing less and less, while paying for valuable Asian goods and global mineral resources with fiat currency; this was the economic equivalent to designating 10 sq. km of the Pacific as Demand-land, and simply dumping consumer goods into the ocean. The question was not if this model would collapse, but when.

PS: Hier die aktuelle Ausgabe: Too early to tell