Protektionismus reloaded

Da die Wirtschaftspolitik zur Zeit unter dem Motto von Nixon funktioniert – Wir sind jetzt alle Keynesianer – ist es wohl sinnvoll, sich einmal ein Kernstück der Funktionsweise keynesianischer Nachfragesteigerung anzuschauen, den Keynes-Multiplikator:

Keynes-Multiplikator

Keynes-Multiplikator

Wie Dani Rodrik und Econompicdata.com feststellen, gibt es also drei Wege, die Wirksamkeit von Konjunkturpaketen zu steigern:

  1. durch die Steigerung der Grenzrate des Konsums,
  2. durch die Senkung des Steuersatzes und
  3. durch eine Senkung der Importquote.

Nach Rodrik wäre es am einfachsten, den Keynes-Multiplikator durch Einschränkungen der Importe zu erhöhen (Hervorhebung von mir):

In fact you can. It is pretty easy to increase the multiplier; just raise import tariffs by enough so that the marginal propensity to import out of income is reduced substantially.  Yes, yes, import protection is inefficient and not a very neighborly thing to do–but should we really care if the alternative is significantly lower growth and higher unemployment?  More to the point, will Obama and his advisers care?

Being the open economy that it is, I fear that the U.S. will have to confront this dilemma sooner or later. In an environment where the dollar has already appreciated against the Euro and even more significantly against emerging market currencies, fiscal stimulus here will produce an even larger current account deficit.  If American consumers decide to spend 40 cents of a dollar of additional income on cheap imports from China and other foreign countries, the multiplier will be a mere 1.3.  How long will it take before politicians of all stripes cry foul over the leakage through the trade account and the „gift to foreigners“ that this represents? And they will have Keynesian logic on their side.

The way out of this dilemma is to get the rest of the world to engage in fiscal expansion at the same time–so that the gift is returned. The good news here is that China is playing along and hopefully the Europeans will too (if they can convince Germans to get over their weird obsession with fiscal conservatism).

Und meiner Meinung nach liegt hier das wichtigste Argument für ein ernsthaftes deutsches Konjunkturpaket: Selbst wenn es bedeutet, dass 40-45% der deutschen Steuermittel ins Ausland abfließen würden, würde dies dadurch ausgeglichen, dass auch das Ausland in einem vergleichbaren Maße die Nachfrage steigert und dadurch wiederum deutsche Exporte erhöht. Wenn es kein international koordiniertes Konjunkturprogramm gibt, wird andererseits der Anreiz erhöht, protektionistisch zu agieren.

Links – Collateralized Debt Obligations

… oder, was sie schon immer über CDO wissen wollten, aber sich nie getraut haben zu fragen. Ein paar Artikel von Felix Simon und einer von Sam Jones bringen Klarheit in diese trübe Geschichte.

Animation der CDO von Portfolio.com

CDOs und Overcollateralization

Understandig Synthetics

Super Senior Tranches I – so risikolos, dass man sie nicht absichern muss (oder auch nicht)

Super Senior Tranches II – oder wie erhöhe ich das Risiko der AAA-Tranche, ohne dass die Ratingagentur was davon merkt

Und wie funktioniert dass mit der Absicherung? Teil 1

Und wie funktioniert dass mit der Absicherung? Teil 2

Die mutierte holländische Krankheit

Willem Buiter interpretiert die derzeitigige Schwäche des britischen Pfunds als Folge einer Mutation der holländischen Krankheit – bekanntlich wird unter dieser Krankeit das Problem verstanden, dass sich für ein Land ergibt, dass Rohstoffe findet. In der Folge steigt aufgrund der zunehmenden Exporte der effektive Wechselkurs des Landes, so dass exportorientierte Branchen sowie Branchen, die im Wettbewerb mit Importen stehen, einen Wettbewerbsnachteil erleiden.

Nach Buiter leidet auch England an dieser Krankheit, nur dass der Finanzsektor hier die Rolle der Rohstoffe übernommen hat, und in der Folge der Reduzierung des Finanzsektors löst sich auch die Ursache für eine Überbewertung des Pfunds auf.

Das Krugman-Modell der Währungskrise, Leerverkäufe und Bankenpleiten

Im Spiegel-Online-Forum kam die Frage auf, warum denn Leerverkäufe verboten wurden, wenn sie doch eigentlich marktstabilisierend sind, hier meine Antwort.

Die Leerverkäufe wurden auf Druck der Banken verboten, weil der Aktienkurs einer Bank ebenso ein Ausweis des Marktvertrauens ist wie z. B. die Kosten für eine Kreditversicherung, bei der diese Bank das Objekt ist. Nur ist der Aktienkurs viel weiter bekannt, und diese Information ist leichter erhältlich. Gleichzeitig spielen die Leerverkäufe einer Bank die Rolle, die im Krugman-Modell der Währungskrise Spekulative Verkäufe der Heimatwährung spielen: Krugman beschreibt den Fall, dass ein Land einen festen Wechselkurs hat, wobei der Wechselkurs über seinem Fundamentalwert liegt, so dass die Zentralbank einen stetigen Verlust an Devisenreserven hat, um den Wechselkurs aufrecht zu erhalten. Mit begrenzten Devisenreserven ist also der Zeitpunkt vorhersehbar, an dem der Wechselkurs aufgegeben wird. Für Spekulanten lohnt sich also, die Währung zu verkaufen, weil sie nach Freigabe des Wechselkurs von der Abwertung profitieren können. Hierdurch erhöht sich der Druck auf die Zentralbank, die Devisenreserven fließen noch schneller ab, und der Wechselkurs wird früher aufgegeben, als fundamental zu erwarten wäre. Die Spekulation beschleunigt also einen Prozess, der aber im Ergebnis nicht abzuwenden wäre.

Analog für die Banken bedeutet dies: Die Banken verlieren Eigenkapital, weil die Refinanzierungskosten höher sind als die Erträge (inverse Zinskurve), dies spiegelt sich im sinkenden Aktienkurs wieder, wobei hier ein selbstverstärkender Prozess einsetzt, dass der sinkende Kurs als Beleg für sinkende Kreditwürdigkeit angesehen wird, was die Refinanzierungskosten weiter erhöht. Leerverkäufe beschleunigen hier den Prozess, ändern aber nichts an den Ursachen oder am Ergebnis.

Die Starbucks-Theory der internationalen Kapitalmärkte

Daniel Gross hat in der Times ein neues Modell entwickelt, um die Gefährlichkeit der Finanzkrise für ein Land zu messen,  die Starbucks-Theory der internationalen Kapitalmärkte: „The higher the concentration of expensive, faux-Italian Frappuccino joints in a country’s financial capital, the more likely the country is to have suffered catastrophic financial losses.“

Wir warten gespannt auf erste empirische Ergebnisse – wäre jedenfalls ein interessanter Ansatz für Instrumente-Variablen-Modelle.