Ist der Geldmarkt tot oder nur scheintot?

Wie die Nachrichten der letzten Wochen immer wieder gezeigt haben, ist der Geldmarkt für alle Fristen mehr oder weniger tot, und wird zur Zeit durch die Zentralbanken ersetzt. Ebenfalls altbekannt ist die Ursache, das fehlende Vertrauen zwischen den Banken. Da Vertrauen aber etwas ist, was nicht so schnell wiederkommt, wenn es erst einmal fehlt, muss man sich vielleicht fragen, ob die Zentralbank nicht zumindest kurz- bis mittelfristig hier die Rolle eines Market Maker übernehmen muss.

Diesem Gedanken folgend, hat die Fed die Commercial Paper Funding Facility (CPFF) geschaffen, die damit beauftragt ist, Commercial Paper aufzukaufen, wobei für nicht-Assed Backed CP entweder Gebühren zu zahlen sind, oder andere Sicherheiten zu hinterlegen. Bisher ist kein Limit für das Gesamtvolumen genannt worden, aber die Emittenten können bis zu dem Betrag verkaufen, der ihrem durchschnittlichen Volumen vom August 2008 entspricht. Als Emittenten kommen US-Institute und amerikanische Töchter ausländischer Institute in Betracht, der Zins soll 1% über dem OIS liegen, und die Laufzeit beträgt 3 Monate. Zunächst ist das Programm bis zum 30. April 2009 befristet, kann aber verlängert werden.

Die Bedingungen des Programms sind hier aufgelistet.

Bleibt abzuwarten, ob es in Europa etwas ähnliches geben wird, und ob damit der Geldmarkt wieder zum Leben erweckt werden kann.

Licht am Ende des Tunnels?

Auch wenn die deutschen Aktien heute viel schwächer sind – kein Wunder, wenn HRE mal wieder gerettet werden muss, und Commerzbank die Risiken von Dresdner neu bewertet – so gibt es auch ein paar Nachrichten, die zumindest Unsicherheit aus dem Markt nehmen sollte:

  • Finanzministerium plant Lösung für das Bankensystem
  • Deutsche Staatsgarantie für alle Privateinlagen
  • Auktionstermine für Fannie Mae, Freddie Mac (heute) und Lehman Brothers (Freitag)
  • England plant eine Rekapitalisierung

Insbesondere die Auktionen für die GSE und Lehman sollten für eine Marktbereinigung sorgen, weil zur Zeit viele Banken, die Unterzeichner für CDS waren, im Vorlauf zum Settlement Bargeld horten, und sich auch nicht sicher sind, welche Risiken bei den anderen Banken versteckt sind. Sollten diese Unsicherheiten aus dem Markt sein, und im Laufe der Abwicklung keine weitere Bank zugrunde gehen, könnten sich die Kapitalmärkte etwas erholen.

Die Märkte zeigen aber auch, dass der Schwerpunkt der Krise jetzt in Europa liegt – während die Spreads für amerikanische Anleihen schrumpfen, steigen sie für europäische weiter an.

Eine Frage, die sich mir stellt ist jedoch, ob das Rettungspaket für HRE so richtig ist: Das Ziel des Pakets ist ja vor allem, das Finanzsystem zu stabilisieren. Wenn jetzt jedoch die Banken hier zusätzliche fragwürdige Forderungen auf sich nehmen, erhöht sich das Risiko innerhalb des Bankensystems wieder. Andererseits zeigt dies auch, dass die Banken weiterhin – wenn auch gezwungenermaßen – willens und in der Lage sind, anderen Banken zu helfen.

Quellen:

http://ftalphaville.ft.com/

http://www.faz.net

HRE-Rettung erst einmal gescheitert

Neulich habe ich über Krisenkommunikation geschrieben – scheint so, als würde HRE selbst in Existenznot nicht in der Lage sein, mit offenen Karten zu spielen – wurde doch bisher von „nur“ 35 Mrd. € Finanzbedarf bis Ende 2009 gesprochen. Jetzt hat die Deutsche Bank anscheinend das Offensichtliche gemacht, und im letzten Quartalsbericht nachgeschaut – wie dies auch Jens-Martin Feddersen getan hat – und festgestellt, dass allein bis Ende 2008 43 Mrd. € fällig werden. Konsequenterweise haben die Privatbanken ihr Hilfsangebot zurückgezogen.

Damit gibt es in Deutschland eine Bank, die von den Verbindlichkeiten her so gross ist wie Lehman Brothers, und nach den Erfahrungen der letzten zwei Wochen ist wohl der politische Wille, eine weitere Bank dieser Größe pleitegehen zu lassen etwas geringer geworden.

Mittlerweile betonen Deutsche Bank und Commerzbank, dass sie ausreichend Liquidität haben. Die Frage ist, ob dies wirklich beruhigend ist, denn mangelnde Liquidität war dank EZB bisher schon nicht das Problem – und in Bezug auf das Eigenkapital gab es keine beruhigenden Nachrichten.

Wie der nächste Schritt aussehen wird, steht noch in den Sternen, aber in Bezug auf den übernächsten Schritt – Anpassung der Regularien – gibt es bei der FTD einen Vorschlag, der die Bankmanager in die persönliche Haftung nehmen will. Die Überschrift: „Harz IV für blöde Banker“.

Kommunikation in der Krise

Mein Eindruck der letzten Woche ist, dass nicht nur der Finanzmarkt in der Krise steckt, sondern auch die Krisenkommunikation, insbesondere von staatlicher Seite – zuerst bauen Paulson und Bernanke eine Drohkulisse auf, die beim Scheitern im Kongress notwendigerweise einen Einbruch der Märkte zur Folge hatte, dann verspricht sich Steinbrück hinsichtlich der Zukunft der HRE und Sarkozy bringt einen unausgegorenen Plan auf den Tisch, der in meinen Augen zunächst das Misstrauen der Regierung gegenüber den Banken ausdrückt.

Um das klarzustellen – aus meiner Sicht führt auch in Europa nichts an einer geordneten, staatlich gesteuerten Rekapitalisierung der Banken vorbei, um die tatsächlichen, nicht die regulatorischen Eigenkapitalhebel auf erträgliche Niveaus zu bringen. Aber auch hier sollte doch zunächst überlegt werden, wie das geschehen soll – und wenn das festgelegt ist, erscheint eine Summe als Ergebnis.

Die Situation in den USA hat doch gerade gezeigt dass „einfach eine möglichst große Nummer nennen“, nicht automatisch für Vertrauen sorgt – ebensowenig, wie die Tatsache, dass aus dem 3-Seiten Proposal von Paulson mittlerweile ein 450-Seiten-Roman geworden ist, in dem allerlei Leckereien für die zu überzeugenden Abgeordneten versteckt sind.

Jedenfalls ist es für mich immer ein schlechtes Zeichen, wenn fachfremde Politiker auf den ersten Seiten der Zeitungen erscheinen, und sich zu Finanzmärkten äußern – hier hätte man wohl erst einmal auf dem Obergefreitendienstweg (eher Staatssekretärs-Dienstweg) die Grundlagen schaffen müssen, um nicht gleich auf politischer Ebene für Widerstand zu sorgen.

PS: Ein paar mehr Details und besser ausformuliert hat dies Dieter Wermuth

Gibt es einen europäischen Lösungsansatz?

Auch wenn die deutsche Regierung noch den Standpunkt vertritt, dass die Krise Bankzusammenbruch nach Bankzusammenbruch abgearbeitet werden soll, vermehren sich die Stimmen aus Politik und Wissenschaft, die einen europäischen Ansatz fordern. Hier gibt es einen offenen Brief von 10 Wissenschaftlern mit den folgenden Punkten:

  • Rekapitalisierung der Banken durch öffentliche Mittel oder durch Umwandlung von Fremdkapital in Eigenkapital
  • Umsetzung auf europäischer Ebene, z. B. durch die European Investment Bank
  • Harmonisierung der Höhe der Einlagensicherung
  • Regulierung des europäischen Bankensystems auf europäischer Ebene.