Noch ein Update zum Artikel von gestern: wgn hat angemerkt, dass die absolute Darstellung so interpretiert werden kann, dass er die Darstellung des kontinuierlichen Flusses der Veränderungen ist, man also den Buchwert eines Investors betrachtet, der zu Beginn der Aufzeichnung den Dow Jones gekauft hätte. Dies kann man sicherlich so sehen, allerdings sollte man dann berücksichtigen, dass über den Zeitraum auch die Inflation eine Rolle spielt. Deswegen habe ich die inflationsbereinigte monatliche Änderung des Dow Jones Index geplottet. In dieser Darstellung erkennt man, dass die inflationsbereinigten Ausschläge des Dow Jones deutlich stärker geworden sind.
Dies liegt natürlich daran, dass der Dow Jones selbst auch inflationsbereinigt in den Jahren 1995-2007 sehr stark angestiegen ist:
Diese Darstellung deutet darauf hin, dass die Aktienkurse schneller gestiegen sind als die Realwirtschaft. Dieser Eindruck bestätigt sich, wenn man den Dow Jones relativ zum Index der Industrieproduktion betrachtet:
Wenn man näherungsweise unterstellt, dass die Effizienzmarkthypothese gültig ist, dürfte der Dow Jones, als Erwartungswert für den Barwert aller zukünftigen Erträge der darin enthaltenen Unternehmen, nicht stärker steigen als die Industrieproduktion selbst, da die Erträge im langfristigen Mittel proportional mit der Industrieproduktion ansteigen sollten. Da wir allerdings einen starken Anstieg der Relation betrachten, kommen hierfür zwei Gründe in Frage: 1. Der Markt rechnet damit, dass die Renditen der Unternehmen in Zukunft deutlich höher ausfallen als in der Vergangenheit, oder 2. Der Diskontierungsfaktor des Barwertes ist gesunken (d. h. die Märkte akzeptieren höhere KGV). Der 1. Grund erscheint wenig wahrscheinlich, da in einer halbwegs funktionerenden Marktwirtschaft Überrenditen zumindest in der langen Frist verschwinden sollten. Somit muss man sich fragen, warum der Diskontierungsfaktor gesunken sein sollte. Ein naheliegender Grund ist, dass zu viel Geld nach Anlagemöglichkeiten sucht.
Wenn man die Daten weiter quält, kann man sich vom Rechner auch Zeitpunkte und Konfidenzintervalle für Strukturbrüche ausrechnen lassen. Diese sind:
Strukturbruch | Untergrenze | Punktschätzung | Obergrenze |
1 | 1940-10-01 | 1940-11-01 | 1941-07-01 |
2 | 1954-07-01 | 1954-08-01 | 1954-09-01 |
3 | 1969-02-01 | 1969-05-01 | 1969-08-01 |
4 | 1984-04-01 | 1984-08-01 | 1984-09-01 |
5 | 1996-09-01 | 1996-10-01 | 1996-11-01 |
Grafisch sieht das dann so aus:
Daten: yahoo.com, econstats und Bureau of Labor Statistics
Sehr schön herausgearbeitet !
Zum Anstieg im Verhältnis zur Industrieproduktion: Da stellt sich die Frage, was Du als „Industrieproduktion“ verwendet hast. Im DJ sind ja auch WalMart, BoA und andere Unternehmen, die eher zum Dienstleistungssektor gehören. Darüber hinaus ist die industrielle Wertschöpfung in den USA über die letzten Jahre (Jahrzehnte) stark gesunken. Dafür findet Produktion im Ausland statt, von der über Beteiligungen US Unternehmen profitieren. Weiterhin ist der DJ ein Kursindex. Zu prüfen wäre also vermutlich auch, ob und inwieweit sich die Dividendenausschüttung über die Jahre verändert hat, oder ob verstärkt thesauriert wird. Könnte durchaus auch sein, dass die Dividenden in früheren Zeiten konsumiert wurden, während sie heute, auf Grund der Ungleichverteilung, eher reinvestiert werden.
Interessant finde ich, dass das Muster der absoluten inflationsbereinigten Veränderungen so stark vom Muster der prozentualen Veränderungen abweicht. Woran liegt das ?
Ich habe den Index der Industrieproduktion der Fed verwendet, wobei es mir vor allem darum ging, einen monatlich aktualisierten Proxy für die Wirtschaftsaktivität zu haben. Aufgrund der Vervielfachung der durchschnittlichen Relation, ca. 2.000 vor 1984, ca. 4.000 zwischen 1984 und 1996 und 10.000 nach 1996, dürften die Verzerrungen – Dividendenpolitik und Strukturwandel der Wirtschaft – keinen entscheidenden Einfluss auf das Ergebnis haben.
Die Abweichung zwischen absoluter inflationsbereinigter Veränderung und relativer Veränderung ist Ergebnis eines Anstiegs des Dow Jones, zumindest nach 1995, der deutlich stärker war als die Inflationsrate. Deshalb müssen die absoluten Veränderungen – bei gleichbleibend großen relativen Veränderungen – ansteigen.